Politische Bildung: Lernen wie Gesellschaft funktioniert

Folgender Beitrag vermittelt eine grundsätzlichen Orientierung und Einordnung des Begriffs der Politischen Bildung in Österreich. Der/die Leser/in erfahren, warum Politische Bildung in unserem Staat mit welcher Zielsetzung verankert ist und wie die Umsetzung geregelt ist. Weiters werden ein kurzer Abriss der Entstehungsgeschichte und Anknüpfungspunkte der Politischen Bildung in Bezug auf Integration angeführt.

Der Beitrag soll außerdem dazu anregen, die Grundprinzipien, Materialien und Angebote, die im Bereich Politische Bildung bestehen für sich zu entdecken und – auch abseits von Schule und Unterricht – anzuwenden.

 

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Idee, Zielsetzung und Genese der Politischen Bildung in Österreich

Im Grundsatzerlass 2015 des Bundesministeriums für Bildung und Frauen zum Unterrichtsprinzip Politische Bildung heißt es: „Politische Bildung ist eine Voraussetzung sowohl für die individuelle Entfaltung wie für die Weiterentwicklung des gesellschaftlichen Ganzen. Sie ist ein aktiver Beitrag zur Gestaltung der Gesellschaft und zur Verwirklichung der Demokratie; sie setzt sich mit der Fragestellung auseinander, wodurch Herrschaft, Autorität von der Gesellschaft als rechtmäßig anerkannt werden. Die freie Bestellung, Kontrolle und Abrufbarkeit der Regierungen durch die Regierten legitimiert Herrschaft und Autorität in einer Demokratie. Politische Bildung ist diesem Demokratieverständnis verpflichtet. Je stärker dieses Demokratieverständnis auf allen Ebenen verankert ist, umso erfolgreicher können demokratische Regierungssysteme arbeiten und kann sich die Gesellschaft im Sinne des Demokratie-Gedankens organisieren.“ (Bundesministerium für Bildung und Frauen 2015: 1).

Der Fokus liegt in obigem Grundsatzerlass also v.a. in der Entwicklung eines Demokratieverständnisses hinsichtlich der Anerkennung demokratischer Grundprinzipien zur Legitimation von Macht.

Weiters ist die Partizipation am politischen Geschehen ein zentraler Aspekt in der Zielsetzung von Politischer Bildung. Der Politikdidaktiker Reinhard Krammer, der maßgeblich an der Gestaltung der Politischen Bildung in Österreichs Schulen mitgewirkt hat, definiert als Ziel der Politischen Bildung daher, die Aneignung von politischen Kompetenzen, „die es den SchülerInnen erlauben, sich in der Politik zurechtzufinden und an ihren Prozessen teilhaben zu können“ (Krammer 2008:7).

Angesichts der aktuellen politischen Herausforderungen erfolgte eine Bekräftigung und weitere Konkretisierung dieser Ziele bei einem informellen Treffen der BildungsministerInnen der Europäischen Union im März 2015. Vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Frankreich und Dänemark Anfang 2015 wurde eine „Erklärung zur Förderung von Politischer Bildung und der gemeinsamen Werte von Freiheit, Toleranz und Nichtdiskriminierung“ ausgearbeitet, in der es u.a. heißt:

„Wir stimmen zu, unsere Maßnahmen im Bildungsbereich mit folgenden Zielsetzungen zu stärken:

  1. Dafür zu sorgen, dass sozialer Zusammenhalt, individuelle Bildungsprozesse und aktive Beteiligungsmöglichkeiten durch Bildungsangebote gestärkt werden, indem jene Grundwerte und Prinzipien vermittelt werden, die die Grundlage unserer Gesellschaften bilden;
  2. Eine umfassende Bildung für alle Jugendlichen zu gewährleisten, die Rassismus und jede Art von Diskriminierung bekämpft, die Demokratie und Menschenrechte fördert und die Jugendlichen lehrt, Unterschiede in Meinungen, Überzeugungen, im Glauben und den Lebensweisen zu verstehen und zu akzeptieren, und Rechtsstaatlichkeit, Vielfalt sowie Geschlechtergerechtigkeit zu respektieren;
  3. Die Fähigkeiten und Kompetenzen von Jugendlichen zu stärken, um kritisches Denken und Urteilsvermögen zu entwickeln, sodass sie speziell im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets und sozialer Netzwerke in der Lage sind, Realitäten zu begreifen, Fakten von Meinungen zu unterscheiden, Propaganda zu erkennen und jede Art von menschenverachtender ideologischer Beeinflussung und Hasstiraden zu widerstehen.“ (Erklärung zur Förderung von Politischer Bildung und der gemeinsamen Werte von Freiheit, Toleranz und Nichtdiskriminierung 2015: 2).

Die Zielsetzung von Politischer Bildung ist demnach umfangreich definiert, die Umsetzung im österreichischen Schulsystem ist wie folgt festgelegt.

Verankerung der Politischen Bildung im Schulbetrieb

Basis der Umsetzung von Politischer Bildung im heutigen Unterricht ist der „Grundsatzerlass Politische Bildung“ aus dem Jahr 1978. Darin wird Politische Bildung als fächerübergreifendes „Unterrichtsprinzip“ für alle Schulformen, Schulstufen und Gegenstände festgeschrieben, eine Erneuerung des Grundsatzerlasses erfolgte 2015 (Bundesministerium für Bildung und Frauen 2015: 1)

Das Unterrichtsprinzip gilt also für alle Schultypen und Schulstufen, Politische Bildung sollte daher in allen Unterrichtsgegenständen Berücksichtigung finden!

Zusätzlich zum Unterrichtsprinzip wird Politische Bildung in der Berufsschule als eigenes Unterrichtsfach angeführt, in allen anderen Schularten als Kombinationsfach (z.B. mit Geschichte, Zeitgeschichte, Recht oder Wirtschaftskunde). In der Volksschule ist Politische Bildung Teil des Sachunterrichts.

Seit dem Schuljahr 2016/17 zählt Politische Bildung weiters zum Pflichtlehrstoff ab der 6. Schulstufe (In Kraft treten des Lehrplanes für Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung) und erfährt damit eine weitere Bedeutungszunahme.

Umsetzung im Unterricht – von der Wissensvermittlung zum Kompetenzerwerb

In der Politischen Bildung stand in Österreich lange Zeit eine auf Fakten zentrierte Wissensvermittlung im Vordergrund. Nach den Ereignissen des Ersten Weltkriegs, der Zwischenkriegszeit und des Zweiten Weltkriegs mit all ihren ideologischen Verirrungen und Vereinnahmungen, war das Ziel, neuerliche ideologische Aufladung der Gesellschaft oder politische Indoktrination zu vermeiden und vielmehr einen umfassenden Wissenskanon zu vermitteln.

Im „Erlass zur Staatsbürgerlichen Erziehung“ des Unterrichtsministeriums im Jahr 1949 stehen die „Weckung und Pflege des Österreichischen Heimat- und Kulturbewusstseins (Heimaterziehung) und  (…) Die Erziehung zu treuen und tüchtigen Bürgern der Republik“ (Dachs 2008:24) im Vordergrund.

Ab den 60er Jahren war die sogenannte „Staatsbürgerkunde“ vor allem Institutionenkunde mit dem Ziel, die Jugendlichen möglichst reibungslos in das politische und soziale System zu integrieren und einen Rückfall in ein ausgeprägtes Lagerdenken zu verhindern sowie das Österreich-Bewusstsein und die Abgrenzung zu Deutschland zu stärken (vgl. Dachs 2008:25)

Die Voraussetzungen haben sich grundlegend geändert und heute stehen andere gesellschaftliche Herausforderungen im Fokus. Neue Modelle in der Didaktik der Politischen Bildung sind gefragt und der Ansatz der „Kompetenzorientierung“ im Unterricht wurde gestärkt.

Der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier fasste bereits 2002 die zu vermittelnden Schlüsselkompetenzen in der Politischen Bildung wie folgt zusammen:

  • „Die Weitergabe von (Fakten-)wissen und des Einblicks in politische Zusammenhänge.
  • Die Unterstützung der Entwicklung von politischen Einstellungen und Meinungen.
  • Die Anregung von geistigen und sozialen Fähigkeiten bzw. einer Entstehung von intellektuellen Kompetenzen im gesellschaftlichen bzw. menschlichen Zusammenleben.
  • Die Förderung der politischen Partizipationsfähigkeit.“

(Filzmaier 2002: 1).

Im Rahmen einer Demokratie-Initiative der österreichischen Bundesregierung 2008 wurde von einer ExpertInnengruppe um Reinhard Krammer und Manfred Wirtsch ein Kompetenz-Strukturmodell zur Politischen Bildung entwickelt, das seither im Unterricht in Österreichs Schulen Anwendung findet und auch Basis des neuen Lehrplanes für „Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung“ in der Sekundarstufe 1 ist.

Es geht von vier Kompetenzbereichen aus: politische Urteilskompetenz, politische Handlungskompetenz, politikbezogene Methodenkompetenz und politische Sachkompetenz; grundlegende Kenntnisse (sogenanntes „Arbeitswissen“) bilden den Hintergrund für den Kompetenzaufbau (vgl. Krammer 2008:6).

Quelle: Bundesministerium für Bildung 2015: 3

Quelle: Bundesministerium für Bildung 2015: 3

 

 

Ergänzt werden die Politischen Kompetenzen durch das Arbeitswissen. Dies sind grundlegende Kenntnisse, die nötig sind, um politische Themen zu verstehen. Es stellt „keinen von vornherein feststehenden Wissenskanon dar (…) sondern resultiert aus der Notwendigkeit, sich über konkrete politische Fragestellungen und die ihnen zugrundeliegende Sachverhalte zu informieren“ (Krammer 2008:6). Es handelt sich auf Themen abgestimmte Wissensbündel, durch die Querverbindungen zu anderen Themenbereichen hergestellt werden können (vgl. Hellmuth/Klepp 2010: 105f)

Und danach? – Politische Bildung für Erwachsene

Politische Bildung Erwachsener ist in Österreich weder in der Wissenschaft noch in der öffentlichen Diskussion ein großes Thema (vgl. Filla 2016: 29), obwohl sie doch eine gewisse Tradition vorweisen kann.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Politische Bildung Erwachsener in der Arbeiterbildung ihren Ausgang. Einige Jahre später kamen dann die Volkshochschulen dazu. Wobei sich die Arbeiterbildung zusehends zur parteipolitischen Schulungseinrichtung – mitunter mit austromarxistischer Prägung – entwickelte und somit eine Parteienzentrierung in der Politischen Bildung verankert wurde. Die Volkshochschulen prägte ein neutrales und wissenschaftszentriertes Selbstverständnis und verfolgten das Ziel „selbstständiges Denken zu lehren, vorrangig an wissenschaftlichen Inhalten“ (Filla 2016: 30).

In der Zeit des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus wurden die bestehenden Strukturen Politischer Erwachsenenbildung liquidiert, gleichgeschaltet oder ersetzt.

Seit 1945 liegt der Schwerpunkt in der Politischen Bildungsarbeit für Erwachsene bei den Parteien und Gewerkschaften (vgl. Filla 2016: 32-33). Durch die Darstellung Österreichs als „Opfer“ des Nationalsozialismus wurde ein umfangreiches Re-Education-Programm, wie es in Deutschland beispielsweise eingeführt wurde, nicht eingesetzt. „Politische Bildung als Instrument der Resozialisierungspolitik verfügte in Deutschland über einen hohen Stellenwert, während in Österreich kein unmittelbarer Handlungsbedarf gesehen wurde“ (Filzmaier 2002: 4). Daher gab es in diesem Bereich auch keine überparteiliche, institutionelle Verankerung, wie beispielsweise in Deutschland, wo 1952 die „Zentrale für Heimatdienst“ geschaffen wurde, aus der sich in Folge die „Bundeszentrale für politische Bildung“ entwickelte (vgl. Filla 2016:34).

Erst in den 1970er Jahren erfuhr die Politische Bildung einen neuen Impuls durch die Festschreibung im Bundesgesetz über die Förderung der Erwachsenenbildung von 1973. Weiters regelte ein Bundesgesetz von 1972 die Gründung von „Parteiakademien“ für im Nationalrat vertretene Parteien. „Damit wurde die parteienzentrierte politische Bildung auf eine gesetzliche Basis mit gesicherter Finanzierung gestellt“ (Filla 2016:35).

  • In der Erwachsenenbildung lässt sich also ein sehr zersplittertes Bild Politischer Bildung zeichnen, sie besteht aus
  • Parteiakademien, wie das Renner-Institut (SPÖ), die Politische Akademie (ÖVP), FPÖ das Bildungsinstitut (FPÖ) und die Grüne Bildungswerkstatt (Die Grünen)
  • Geschwerkschaftliche Bildungstätigkeit, zusammengefasst im Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung (VÖGB)
  • Volkshochschulen
  • Sonstige Einrichtungen und Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) wie Demokratiezentrum Wien, Politikwerkstatt DEMOS, Amnesty Academy, Attac,Agentur Südwind, SOS-Menschenrechte, und viele mehr

Fazit: Angebote für Politische Erwachsenenbildung ist in Österreich sind zweifelsohne zahlreich gegeben, allerdings erschweren die zahlreichen Akteure sowohl Zugang als auch Übersicht, oder wie Wilhelm Filla zur vielfältigen Institutionenlandschaft festhält: „Sie ist aber so zersplittert und unübersichtlich, dass sie nicht geeignet ist, ein Bild von institutionalisierter politischer Bildung für Erwachsene zu vermitteln“ (Filla 2015: 38).

Für die Optimierung der Politische Erwachsenenbildung in Österreich gibt es kaum Konzepte und nur wenig wissenschaftliche Forschung, gerade hier sollte angesetzt werden, da viele der heutigen Erwachsenen und jungen Erwachsenen aus dem Politischen Unterricht bestenfalls die Institutionenlehre mitgenommen haben. Es ist aber anzunehmen, dass es mit dem Wissen und den Kompetenzen in diesem Bereich ähnlich läuft, wie mit allen anderen Lerninhalten: Nur der regelmäßige „Gebrauch“, die regelmäßige Auseinandersetzung und Anwendung festigt das Gelernte und macht es vom „Wissen“ zur „Erfahrung“.

Zugespitzt auf das Thema Fremdenfeindlichkeit, formuliert Peter Filzmaier in diesem Zusammenhang: „Das Problem Politischer Bildung ist, sich in einem gigantischen Inzest konsequent mit jenen bis zu 75 Prozent zu beschäftigen, die sich anders als die 25 Prozent Möchtegern-Rassisten ohnehin in ihrer Menschenfreundlichkeit einig sind. Mit dem fremdenängstlichen Viertel in einen Dialog zu treten, das ist anstrengender. Im Umkehrschluss ist die Ignoranz, Hunderttausende zu rechtslastigen Rassisten zu erklären, für Theoretiker der politischen Bildungsarbeit ungleich bequemer. In den Medien und an der Universität bringen Auftritte in Bierzelten nichts, obwohl Politische Bildung sich dort abspielen sollte“ (Filzmaier 2010: 110). Und weiter: „Wir machen Politische Bildung dort, wo sie am wenigsten gebraucht wird, und gehen nicht dorthin, wo sie richtig wehtut“ (Filzmaier 2010:111).

Politischer Bildung und Integration

Das weiter oben angeführte Kompetenzmodell zeigt auf, dass Politische Bildung darauf abzielt, eine sehr differenzierte Sichtweise auf gesellschaftspolitische Ereignisse werfen zu können, Meinungsvielfalt zulassen und die eigene Meinung angemessen artikulieren zu können, sowie die Meinungsbildung nach gewissen Grundsätzen ablaufen zu lassen. Können diese Kompetenzen erfolgreich vermittelt werden, ist dies die beste Basis für einen respektvollen und fundierten Zugang zum Thema Integration.

Im Nationalen Aktionsplan für Integration definiert die österreichische Bundesregierung unter „Handlungsfeld Sprache und Bildung“ folgenden, den Schulunterricht und hier v.a. den Bereich Politische Bildung betreffenden, Passus:

„Antirassistische Sensibilisierung, Bewusstseinsbildung und Befähigung zur demokratischen Teilhabe sind zu fördern.

  • Der Schulunterricht hat aktiv zu einer den Menschenrechten verpflichteten Demokratie beizutragen.
  • Im Schulunterricht sind insbesondere im Rahmen von Projekten, Maßnahmen zu setzen, um Vorurteilen, Rassismus und Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit sowie damit zusammenhängender Intoleranz entgegenzutreten.
  • Schüler/innen und Lehrer/innen sollen – insbesondere im Rahmen von Kursen und Projekten – Strategien zur Gewaltvermeidung und Konfliktlösung angeboten werden“ (Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres 2017: 18)

Anhand des Aktionsplanes für Integration erarbeiteten im November 2015 die Mitglieder eines ExpertInnenrates einen 50-Punkte-Plan zur Integration von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten. 2016 wurden erste Ergebnisse der Umsetzungsmaßnahmen und der weitere Handlungsbedarf präsentiert. Im Zusammenhang mit Politischer Bildung wurde empfohlen, Schulen zur Wissensvermittlung in der Flüchtlingsintegration zu nutzen, „Schulen [sollen] die aktuellen Geschehnisse aktiv aufgreifen und anhand von zahlen- und faktenbasierten Informationen den Diskurs über das Thema Flucht anregen“ (Expertenrat für Integration 2016: 46). Das bestehende Schulformat Zusammen: Österreich des Österreichischen Integrationsfonds widmet sich beispielsweise verstärkt dem Flüchtlingsthema und wird als konkrete Maßnahme angeführt, die allerdings nur als Tropfen auf dem heißen Stein bezeichnet werden kann. Dabei besuchen Integrationsbotschafter/innen unter dem Motto „Vorurteile abbauen, Motivation schaffen“ Schulklassen und stehen Rede und Antwort.

Der Expertenrat plädiert für eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Thematik im regulären Unterricht und besonderes Augenmerk auf die Ausweitung der Medienkompetenz der Jugendlichen (Stichwort „Fake News“ bzw. Verbreitung von Falschinformationen und Mythen in Sozialen Netzwerken, etc.). Klar wird aus dem Bericht, dass die Umsetzung den Zielen noch hinterherhinkt. Auch im Bereich Politische Bildung können die im Nationalen Aktionsplan und im Integrationsbericht formulierten Zielsetzungen nur bedingt erreicht werden. Zwar wird die Einführung des Pflichtmoduls Politische Bildung in der sechsten Schulstufe (sh. oben) begrüßt, es wird aber auch angemerkt, „dass das Potenzial der politischen Bildung in vielen Unterrichtsrealitäten nicht ausreichend ausgeschöpft wird (…) Die verschiedenen Unterrichtsmaterialien für das Fach Politische Bildung zeigen deutlich die vorherrschende Schwerpunktsetzung auf Institutionenkunde und Detailwissen.“ (Expertenrat für Integration 2016: 57). Auch die Notwendigkeit für jugendliche Asylberechtigte, die nicht mehr schulpflichtig sind, Grundkompetenzen in Politischer Bildung zu erwerben, wird angemerkt. Wie dies passieren soll, ist jedoch offen.

Der ExpertInnenrat fordert daher,die Einrichtung eines eigenen Unterrichtsfaches Politische Bildung für alle Schultypen (vgl. Expertenrat für Integration 2016: 57). Von Seiten der Politikwissenschaft wird dies verständlicherweise schon seit langem eingemahnt. Vielleicht war man der Erfüllung dieser Forderung noch nie näher als heute. In der Krise zeigt sich – trotz allem Wohlstand – die Brüchigkeit der Gesellschaft und sozialer Strukturen. Politische Bildung kann hier die Grundsätze, nach denen unsere Gesellschaft funktioniert oder funktionieren soll vermitteln und zur aktiven Mitgestaltung befähigen und anregen.

Literatur

Bundesministerium für Bildung (2015): Politische Bildung im Lehrplan Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung Sek I (2016), Handreichung für die sechste Schulstufe, in: polis aktuell, 2015/4, S. 1-20.

Bundesministerium für Bildung und Frauen (2015): Unterrichtsprinzip Politische Bildung. Grundsatzerlass 2015, Wien.

Bundesministerium für Integration, Europa und Äußeres (2017): Nationaler Aktionsplan für Integration – Bericht, https://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/Zentrale/Integration/NAP/Bericht_zum_Nationalen_Aktionsplan.pdf, (1.8.2017).

Dachs, Herbert (2008): Erklärung zur Förderung von Politischer Bildung und der gemeinsamen Werte von Freiheit, Toleranz und Nichtdiskriminierung“ anlässlich eines informellen Treffens der Bildungsminister der Europäischen Union, http://ec.europa.eu/dgs/education_culture/repository/education/news/2015/documents/citizenship-education-declaration_de.pdf, vom 17.3.2015 (27.7.2017).

Expertenrat für Integration (2016): Integrationsbericht. Integration von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten in Österreich – Wo stehen wir heute? Zwischenbilanz des Expertenrats zum 50 Punkte-Plan, Wien.

Filla, Wilhelm (2016): Politische Bildung in Österreich: parteienzentriert und großorganisationsbezogen, in: Zeitschrift für Weiterbildungsforschung – Report, 2016/39 (1), S. 27-42.

Filzmaier, Peter (2002): Länderbericht: Politische Bildung in Österreich, in: Journal of Social Science Education, 2002/1(1), S. 1-13.

Filzmaier, Peter (2010): Der Zug der Lemminge. Heute stehen wir am Abgrund, morgen sind wir einen großen Schritt weiter, Salzburg.

Hellmuth, Thomas/Klepp, Cornelia (2010): Politische Bildung, Wien/Köln/Weimar.

Krammer, Reinhard (2008): Kompetenzen durch Politische Bildung. Ein Kompetenz-Strukturmodell, in: Informationen zur Politischen Bildung. Kompetenzorientierte Politische Bildung, Band 29, Wien, S. 5-14.

Linkliste

Materialien zum Themenfeld „Integration/Inklusion – Politische Bildung“ – zum Selbstlesen und Weitergeben

„Minderheiten und Toleranz“ – Themenblätter im Unterricht/Nr. 105, Bundeszentrale für politische Bildung (Deutschland)
Aus dem Inhalt: Toleranz und Akzeptanz – Der Umgang mit Minderheiten, Tolerant sein: Was bedeutet das?
Link: http://www.bpb.de/shop/lernen/themenblaetter/191501/minderheiten-und-toleranz

 

„Flüchtlinge“ – Themenblätter im Unterricht/Nr. 109, Bundeszentrale für politische Bildung (Deutschland)
Aus dem Inhalt: Woher kommen Flüchtlinge, wohin fliehen sie, und warum? Und was hat das alles mit der Stadt Dublin zu tun?
Link: http://www.bpb.de/shop/lernen/themenblaetter/191501/minderheiten-und-toleranz

 

„Alltäglicher Rassismus“ – Themenblätter im Unterricht/Nr. 110, Bundeszentrale für politische Bildung (Deutschland)
Aus dem Inhalt: Rassismus findet sich überall. Er ist auf den ersten Blick für Viele unsichtbar, dazu subtil und hartnäckig. Rassismus zu identifizieren ist der erste Schritt, ihm begegnen zu können.

Link:  http://www.bpb.de/shop/lernen/themenblaetter/224136/alltaeglicher-rassismus

 

„Rechtspopulismus – Herausforderung für die Demokratie?“ – Themenblätter im Unterricht/Nr. 115, Bundeszentrale für politische Bildung (Deutschland)
Aus dem Inhalt: Was ist (Rechts-)Populismus? Mit welchen Methoden und Stilmittel wird für rechtspopulistische Themen geworben? Rechtspopulismus als Herausforderung für unsere Demokratie?

Link: http://www.bpb.de/shop/lernen/themenblaetter/253945/rechtspopulismus-herausforderung-fuer-die-demokratie

 

„Flucht und Migration“ – polis aktuell 2013/4, Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule
Aus dem Inhalt: Begriffsklärungen, Migration als Normalität, die Geschichte des internationalen Flüchtlingsschutzes, Übungen für den Unterricht

Link: http://www.politik-lernen.at/site/shop/shop.item/106246.html

 

„Heimat“ – polis aktuell 2010/4, Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule
Aus dem Inhalt: Heimat und Raumkonzeptionen, Die Veränderung des Heimatbegriffs, Heimat im Kaleidoskop: heimelig, heimish, un-heimlich, Politische Bildung: Perspektiven zur Heimat für den Schulunterricht

Link: http://www.politik-lernen.at/site/shop/shop.item/105764.html

 

Politische Bildung im Lehrplan Geschichte und Sozialkunde – polis aktuell 2015/4, Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule
Aus dem Inhalt: Möglichkeiten für politisches Handeln, Gesetze, Regeln und Werte, Unterrichtsideen und Methoden

Link: http://www.politik-lernen.at/site/shop/shop.item/106398.html

 

Weiters empfehlenswert: Bücher zum Thema „Migration/Integration“ aus der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, bestellbar (maximale Kosten pro Buch 4,50 EUR exkl. Versand) unter

Link: http://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/?filter=1&filter_typ=17&filter_thema=19&filter_jahr=0&filtern=Suchen

Titelbeispiele: Migration, So schaffen wir das – eine Zivilgesellschaft im Aufbruch, Die Angst vor den anderen, Flucht nach Europa, Integriert euch! uvm

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